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Ein kleiner Gang durch den Paragraphendschungel als Hundebesitzer

Meiner hat gar nichts gemacht – na und?
Das Zivilrecht und das Strafrecht

Unser 2. Vorstand, Leslie Bernschneider, ist Juristin und führt euch durch den Paragraphendschungel für Hundebesitzer


Meiner hat das noch nie gemacht und hat sich auch jetzt nichts zuschulden kommen lassen. Leider würde einem in diesem Fall der Jurist ein freundliches „na und?“ entgegenwerfen. Die Hundehalterhaftung ist im Rahmen des BGB im sogenannten Deliktsrecht geregelt. Für den Halter genauer gesagt in § 833 BGB. Hierbei handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für Luxustiere. Was kompliziert klingt ist relativ einfach. Der Hundehalter (oder wie man umgangssprachlich sagt – der Besitzer) haftet für einen Schaden den der Hund verursacht auf Schadensersatz der im konkreten Fall bemessen wird. Schaden kann hierbei die Tötung eines Menschen sein, eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder jegliche relevante Beeinträchtigung von Sachen. Hierbei bedarf es keinerlei Zutun des Besitzers, er muss nicht einmal anwesend sein. Wichtig ist nur, dass es sich um eine typische Tiergefahr handelt. Es ist demnach egal, wie sehr der Hund trainiert ist, ob jemand anders direkt auf den Hund zuläuft, sodass dieser köpersprachlich den Eindruck bekommt angegriffen zu werden. Auch primär egal ist, ob ein Fahrradfahrer nah an euch vorbeifährt sodass sich euer Hund erschreckt. Als Hundehalter hat man eine potentielle „Gefahrenquelle“ die man mit sich führt zu sichern, unabhängig von dem Verhalten der anderen Menschen. Man kann sich dies so vorstellen, als würde man mit einer Fackel durch die Gegend laufen. Man hat sich selbst ausgesucht, eine solche mit sich rumzuführen. Unabhängig davon wie viele Menschen also hier vorbeigehen, egal wie unachtsam oder ob sie brennbare Dinge mit sich führen, so müssen sie stets darauf achten, dass ihre Fackel kein Feuer entfacht. Die einzige Einschränkung der Haftung die das Recht hierbei kennt ist das sogenannte Mitverschulden des Gegenübers. Kommt also ein nicht angeleinter Hund auf euren angeleinten zugelaufen und verbeißen sich die Hunde (werden die beiden „Sachen“ also beschädigt), haften grundsätzlich beide Hundehalter. Im Rahmen des Mitverschuldens wird dann eine Quotelung vorgenommen, wobei festgestellt wird, wer prozentual mehr zu dem Schaden beigetragen hat. In dem Fall der sich verbeißenden Hunde hat der Halter des nicht angeleinten Hundes seine Aufsichtspflicht über die Gefahrenquelle in besonderem Maße verletzt, da er den Hund eben nur abzuleinen hat, wenn und soweit dieser sich in jeder Situation abrufen lässt. Ähnlich ist es im Beispiel des Fahrradfahrers, fährt dieser absichtlich aus Provokation sehr nah an dem Hund vorbei so könnte man ihm einen kleinen prozentualen Teil als Mitverschulden anrechnen. Interessant war eine recht aktuelle Entscheidung hierzu aus Deutschland die die Grenzen hierbei neu bestimmt haben. Führt der Halter seinen Hund an der Leine und warnt einen Passanten der diesen streicheln will mehrmals, dass der Hund nicht angefasst werden darf und ein Beißen möglich ist und versucht diesen aktiv abzuhalten, so trägt der Passant ein vollständiges Mitverschulden an dem Schaden der entsteht.

Neben dem Halter kann aber auch der Hundeaufseher haften. Dies ist ebenfalls im Deliktsrecht im Rahmen des § 834 BGB verankert. Dieser haftet nach den gleichen Voraussetzungen des Halters.

Darüber hinaus billigt der sogenannte Defensivnotstand (§ 228 BGB) demjenigen zu, der sich in einer Notwehrlage befindet (dies bedeutet es muss ein gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff vorliegen) und die Gefahr hierbei von dem Hund ausgeht, welcher im Rahmen des BGB als Sachen behandelt wird (§ 90a BGB), diesen zu „beschädigen oder zu zerstören um die Gefahr zu beseitigen“. Wird ein Mensch also von einem Hund angegriffen (und hier reicht schon ein Anspringen oder entsprechendes Zulaufen aus), kann dieser ihn verletzen oder soweit dies der Lage entspricht sogar töten. Da Hunde Sachen sind, wäre eine Tötung/Verletzung eines Hundes strafrechtlich betrachtet ohnehin „nur“ eine Sachbeschädigung nach § 303 StGB. Diese ist in dem beschriebenen Defensivnotstand auch straffrei.

Schmerzensgeld können die Besitzer der Hunde im Falle der Tötung des eigenen Hundes leider nicht verlangen.

Wer nicht möchte, dass sein Hund ernsthaft und rechtlich gebilligt verletzt wird, sollte diesen nur von der Leine lassen, wenn er stets bei seinem Besitzer bleibt und nicht auf andere Menschen zuläuft – auch nicht um fremden Menschen vermeintlich „hallo“ zu sagen, dies könnte böse enden.

Das machen alle so oder eben auch nicht.
Das Verwaltungsrecht

Wer kennt sie nicht die Schilder mit der Leinenpflicht oder der Hinweis auf das Beseitigen von Kot. Sind diese eine reine Verhaltensempfehlung? Die Antwort ist sehr simpel. Nein.

Diese Aushänge und auch allgemeinen Verlautbarungen welche regelmäßig von der Stadt erlassen werden sind in der Regel Allgemeinverfügungen, die verbindlich sind. Ein Verstoß hiergegen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, welche genauso wie das Falschparken oder Ähnliches mit einem Bußgeld geahndet werden kann, wenn dies zur Kenntnis des Ordnungsamtes gelangt. Zu beachten gilt hier, dass in vielen Gemeinden zur sogenannten Brut- und Setzzeit im Frühjahr (welcher Zeitraum dies genau ist, wird von jeder Gemeinde selbst festgesetzt) eine allgemeine Leinenpflicht auch in den Wäldern etc. gilt. Hier wird von den Hundehaltern erwartet, dass diese sich hierüber entsprechend informieren.

Darüber hinaus sind in jedem Bundesland die einschlägigen Regulatorien zum Halten von Hunden zu beachten und sich hierüber vor Anschaffung zu informieren, in NRW beispielsweise ist beim Führen eines Hundes größer als 40 cm das Vorlegen eines sog. Sachkundenachweises obligatorisch.

Neben dem, im Rahmen des Zivilrechts und Strafrechts erörterten Folgen, wenn es zu einem (Beiß-)Vorfall zwischen einem Menschen und einem Hund oder einem Hund und einem Hund kommt (es reicht hier bereits ein Anspringen durch den Hund aus, sowie das jagen/hetzen von Wild oder die Schärfe eines Hundes über da übliche Maß hinaus), gibt es darüber hinaus auch verwaltungsrechtliche Folgen. Wird ein solcher Vorfall den Behörden (Veterinäramt) gemeldet, so können diese nach Anhörung der Betroffenen und nach Ermessen verschiedene Maßnahmen ergreifen. Besonders häufig werden dem Halter Auflagen erteilt, sowie das Führen des Hundes mit einem Maulkorb, einer dauerhaften Leinenpflicht oder/und die Einstufung des Hundes als gefährlicher Hund. Die Einstufung als gefährlicher Hund hat neben einer manchmal bis zur zehnfachen Erhöhung des Steuersatzes (je nach Gemeinde, bspw. in Frankfurt am Main beträgt die Steuer für einen gefährlichen Hund anstelle von 110 € ganze 900 €) auch viele weitere Konsequenzen zur Folge. Erfolgt eine Einstufung als gefährlicher Hund, so hat eine Ablegung der sogenannten Hundehaltererlaubnis und in vielen Fällen ein Wesenstest zu erfolgen, sollte dies unterbleiben droht eine Sicherstellung des Hundes. Im schlimmsten Fall und bei wiederholten schwerwiegenden Vorfällen kann es bis zu einer Euthanasie (Einschläferung) als „ultima ratio“ kommen. Solche Dinge sind durch eine ausreichende Sicherung des Hundes zu vermeiden. 

Das war schon immer so.
Das Tierschutzgesetz 

„So haben wir die Hunde schon immer erzogen, das Stachelhalsband und ein paar Hiebe haben noch keinem Hund geschadet“…und das war schon immer falsch. Der Tierschutz ist den meisten Menschen ein Begriff, um eben genau diesen Zweck zu erfüllen gibt es die das Tierschutzgesetz (TSchG), welches für alle Tiere gilt und noch präziser die Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV), welches explizit in Bezug auf das Halten von Hunden erlassen wurde. Das TSchG stellt klar, dass der Halter für das artgerechte Wohlergehen in Bezug auf Haltung, Ernährung, Pflege und Umgang, des Hundes zuständig ist und stellt hieran Anforderungen.

In § 3 TSchG ist beispielsweise verankert, dass Eingriffe nur bei medizinischer Indikation (Erforderlichkeit) durchgeführt werden dürfen, dies gilt insbesondere für das kupieren von Hunden, aber auch für die Kastration. § 11b TSchG ist als der „Qualzuchtparagraf“ bekannt.

Im TSchG sind im Allgemeinen auch die Anforderungen an das Züchten mit Hunden und insbesondere Qualzuchten geregelt. Da dies den Rahmen sprengen würden sei an dieser Stelle nur angemerkt, dass von einem Züchten aufgrund der Optik des Hundes und generell ohne entsprechendes genetisches Fachwissen und finanziell aufwendige Tests der Elterntiere aus rechtlicher und Tierschutz Perspektive dringend abzuraten ist.

Insbesondere eine Lektüre der TierSchHuV welche im Internet einzusehen ist lohnt sich. 

Was man sonst noch so wissen sollte. 

Neben den genannten Vorschriften im TSchG und in der TierSchHuV, wird den Haltern recht wenig in Bezug auf ihren Hund vorgeschrieben.

Insbesondere steht es den Besitzern frei, ob sie ihre Hunde impfen lassen oder nicht. Hierbei sei jedoch neben der Zweckmäßigkeit für die Gesundheit des Hundes angemerkt, dass Deutschland mit dieser „Nichtregelung“ nicht ganz mit dem Strom geht. Möchte man jedoch mit dem Hund reisen so ist auf europäischer Ebene geregelt, dass die Tiere eine entsprechende Grundimmunisierung und Tollwutimpfung benötigen. Einige Länder haben hierbei sogar spezifische Vorgaben wie lange eine solche Impfung zurückliegen darf. In manchen Ländern ist darüber hinaus eine Wurmbehandlung nachzuweisen (z.B. in Norwegen).

Im Rahmen des Verreisens ist darüber hinaus noch vorher abzuklären, ob euer Hund aufgrund seiner Rasse in das entsprechende Land einreisen darf, hier haben einige Länder selbst innerhalb der EU sehr strikte Regulierungen (z.B. Frankreich).

Zum Reisen im Allgemeinen bzw. in der EU benötigt euer Hund einen (EU-)Heimtierausweis, einen Mikrochip und muss ein Mindestalter von 15 Wochen haben. Es sollte sich bei der Reise mit dem Hund jedoch im Vorhinein immer informiert werden ob in dem Reiseland der Wahl entsprechende Regulationen gelten und was vor Ort zu beachten gilt.

Insbesondere gilt auch im Rahmen von Flugreisen mit Hunden, dass es hier einige Dinge zu beachten gibt. Neben den allgemeinen Einreisebestimmungen ist sich stets mit der Airline auseinanderzusetzen. Nicht jede Airline nimmt Hunde mit und insbesondere haben die meisten Airlines ein Flugverbot für brachyzephale Rasse (platt-schnäuzige Rassen wie französische Bulldoggen etc.) ausgesprochen (im Transferraum als auch im Passagierraum).

Darüber hinaus ist jeder Hundebesitzer steuerrechtlich zur Anmeldung des Hundes in der jeweiligen Stadt verpflichtet. 

Fazit

Leider wird die Stellung als Hundehalter viel zu oft auf die leichte Schulter genommen. Aber nicht nur in der Realität, sondern eben auch aus rechtlicher Sicht holt man sich ein ernstzunehmendes Tier in das Haus (was nebenbei bemerkt einer der tollsten Bereicherungen des Lebens ist). Diese Anschaffung verlangt einem auch ein großes Maß an Verantwortung ab. Verantwortung zu übernehmen ist nicht immer einfach, jedoch mehr als notwendig. Man sollte sich stets über die Folgen bewusst sein und Sicherheit vor Bequemlichkeit stellen, denn der Hund selbst kann die möglichen Konsequenzen seines Handelns leider nicht abschätzen. Hier gilt Vorsicht ist besser als Nachsicht. 

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